Bunter Meter und Kaninchenmord

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In meiner Schrebergartenparzelle am Stadtrand von Lüneburg lag alles für die Aktion „Ein Bunter Meter für Deutschland“ bereit. Ausgewählt worden waren 2 monotone Quadratmeter Rasenfläche, die in eine wildkraut- und wildblumenreiche, runde Fläche umgewandelt werden sollen. Die Aktion des NABU will Insekten und Vögel, insbesondere den Vogel des Jahres 2016, den Stieglitz, mit Nahrungsangeboten unterstützen, weil oft nach der Baum- und Strauchblüte im Frühling eine ausreichende Versorgung der Tiere nicht mehr gewährleistet ist.

Gerade eben hatte ich zur Gartenharke gegriffen, um die Grasnarbe aufzubrechen, als ich aus dem anliegenden Garten meines Nachbarn einen schrecklichen Schrei hörte. Tier oder Mensch? Ich war mir nicht sicher.

Dann hörte ich mehrere dumpfe Schläge. Mein Nachbar lief gebeugt am Zaun entlang, in der rechten Hand ein langes Holzstück, in der linken, und mir wurde schlecht, ein weißes Kaninchen, das er an den Hinterläufen gepackt hatte und das immer noch zuckte. Wieder und wieder schlug er auf den Kopf des Tieres ein. Stille. Er verschwand hinter seinem Gartenhaus. Minutenlang saß ich versteinert auf dem Rasen.

Die Aktion „Bunter Meter“ musste warten. Leider ist es Privatpersonen heutzutage immer noch gestattet, Kaninchen zum Eigengebrauch zu schlachten. Der Gesetzgeber geht einfach mal davon aus, dass sie es können. Dass mein Gartennachbar es nicht verstand, das Tier kurz und schmerzlos zu töten, war offensichtlich geworden. Ich ging zum Zaun, um ihn darauf hinzuweisen, dass er seine Tiere gefälligst schlachten soll, wenn ich nicht zugegegen bin, außerdem gibt es in der Kolonie auch Kinder, aber ich wusste natürlich, dass er mich nicht verstehen würde, denn er spricht nur gebrochen deutsch. Er hatte dem Tier bereits das Fell bis zum Bauch heruntergezogen, als ich wieder kehrt machte.

Mein Aktionismus und die nötige innere Ruhe waren erst einmal dahin. Nach einer halben Stunde des Nachdenkens über menschliche Entwicklungsstufen und Empathiefähigkeit, verstecktes Töten in Schlachthäusern und solches im öffentlichen Raum, konnte ich dann weitermachen. Ich war noch nie eine Anhängerin des Primitivismus gewesen und habe überhaupt nichts für Menschen übrig, die in ihren alten Traditionen wie in einem Gefängnis hausen, diese nur aus Angst vor Veränderungen oder Bequemlichkeit pflegen und dann noch eine Feier daraus machen. Heutzutage muss man hierzulande keine Kaninchen mehr schlachten, um leben zu können.

Die Grasnarbe aufzubrechen und die Erde freizulegen war schwieriger als erwartet. Nach knapp einer Stunde war Halbzeit angesagt – Puh!

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Nach einer weiteren Stunde schloss sich der Kreis langsam und weil ich von Natur aus Perfektionistin bin, musste auch noch eine Rhizomsperre eingelegt werden, um den neuen, bunten Meter vor den Zudringlichkeiten der liederlichen Quecke zu schützen.

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Danach wurde dann die NABU Wildblumenmischung und in einem restlichen Viertel des Kreises eine Tübingermischung gesät.

Vielleicht ist es wichtig zu wissen, dass von den Veranstaltern empfohlen wird, bei größeren Flächen regionales Saatgut zu verwenden, und nicht solches aus dem Kaufhaus.

Was ist da nun drin?

In der Wildblumenmischung findet sich u.a. Echtes Mädesüß, Gewöhnliches Ferkelkraut, Wilde Karde (Stieglitz-Blume!), Wolliges Honiggras, Wiesenfuchsschwanz, etc. Allesamt exklusive Wildblumenarten, die sonst selten in Saatguttütchen zu finden sind. Ob das Gänseblümchen und der Wiesensauerampfer notwendig sind, mag mal als Frage so dahingestellt bleiben. Bei mir wächst davon im Garten mehr als genug und wird auch nicht gleich im April oder Mai abgemäht.

Die Tübingermischung kommt da schon etwas konventioneller daher:

Phacelia, Buchweizen, Gelbsenf, Dill, Sonnen- und Ringelblume, um nur einige zu nennen. Der Blattkohl wird vermutlich für den Kohlweissling gedacht sein.

Zuguterletzt habe ich für die sicherlich bald in Scharen herbeifliegenden Vögel eine Tränke im schicken Vogeldesign aufgehängt:

Der Sommer kann kommen und mit ihm viele Vögelchen.

Hier noch einmal ein Blick auf die brandneuen „2 Bunten Meter für Deutschland“.

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Für alle, die jetzt Lust auf einen eigenen Bunten Meter bekommen haben, sei gesagt, dass man einmal als Privatperson in den Kategorien Garten/Balkon, Kommunen, Schulen, Landwirtschaft, Unternehmen teilnehmen kann. Als NABU-Gruppe kann man sich für den Agrar- oder Siedlungsbereich bewerben. Die Aktion läuft bis zum 2. September 2016.

Weitere Informationen findet ihr hier:

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/vogel-des-jahres/stieglitz/buntemeter/index.html

Meine lieben Gullykröten

Die fleißigen Krötensammlerinnen und -sammler haben Ende April ihre Zäune, Eimer und Taschenlampen wieder eingepackt. Die jährliche Wandersaison Richtung Teiche ist vorbei. Im Wasser wachsen nun die ersten Kaulquappen und Mini-Lurche heran. Viele Elterntiere sind bereits wieder zurück in die Wälder gelaufen, und haben es hoffentlich unversehrt geschafft. Vielleicht wurden sie aber auch an einem „Rückläuferzaun“ angehalten und im Menschentaxi über die Straßen getragen.

Alles gut, möchte man denken, doch irgendwo entfernt, kaum hörbar, kann man an den Straßen vielleicht ein leises Quaken hören oder das Laub rascheln. Der Blick bleibt an einem Gully hängen. Man sieht nicht viel, wenn man dort hineinschaut. Dazu braucht es eine Taschenlampe. Und ja, tatsächlich:

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Es braucht ein geübtes Auge, um zu sehen, dass dort jemand in Bedrängnis ist. Ein kleines Erdkrötenweibchen sitzt zwischen dem Laub. Sie hat Glück im Unglück. Dieser Gully ist nicht mit Regenwasser überschwemmt, was einen baldigen Tod durch Ertrinken bedeuten würde. Sie hat bei den warmen Temperaturen eher mit Austrocknung zu kämpfen, sieht aber noch recht fit aus.

Ich zücke meinen Cacher und fische die Kleine heraus. Geschafft.

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Ich hätte nicht damit gerechnet, heute noch Kröten zu finden. Also hole ich meine gesamte Gully-Ausrüstung aus dem Auto und mache mich doch noch einmal auf den Weg durch die Siedlung am Bockelsberg hier in Lüneburg.

Und schon bald werde ich wieder fündig. Diesmal ist es ein Krötenmännchen. Es treibt an der Oberfläche eines überschwemmten Gullys, vermutlich schon sehr lange. Auch ihn fische ich heraus, merke aber gleich, dass der Kleine sehr erschöpft wirkt. Die Augen haben jeden Glanz verloren, der für Kröten eigentlich typisch ist, was ihn aber nicht davon abhält, seinem Unmut quakend Ausdruck zu verleihen. Auch er ist erst einmal davongekommen.

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Ein Blick in den Sammeleimer sagt mir, dass die Paarungszeit der Kröten vorbei ist. Beide gehen sich aus dem Weg, keine Anstalten des Männchens dem Weibchen auf den Rücken zu klettern und sich dort festzuklammern. Das Paarungsgeschäft liegt hinter ihnen, sie waren auf dem Weg zurück in den Wald, als sie beim Überqueren der Straße in die Gullys fielen.

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Im Wald angekommen, entlasse ich die Beiden aus dem Eimer. Hier gehören sie hin, nicht in die Gullys der Menschen, auch nicht auf Asphaltstraßen, geschweige denn unter Autoreifen.

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Tschüß ihr beiden Hübschen und passt auf euch auf!

Die Ausrüstung für das Gullykrötenangeln will ich euch nicht vorenthalten:

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Eine Taschenlampe, ein Eimer (möglichst hell, dann sieht man die Tiere besser), ein Cacher und für die schwierigen Fälle ein Gullyheber. Dieser hier eignet sich nur für Gullys mit schmalen Schlitzen, also diejenigen, die man nicht mit einem Cacher bearbeiten kann. Eine Warnweste kann auch bei Tageslicht nicht schaden, dann halten einen nicht alle Passanten für bekloppt. Auf meiner Weste ist außerdem das NABU-Logo abgedruckt. Dann bekommt man ab und zu Hilfe, wenn man sich an einem Gully abmüht, und die Leute denken, dass man in wichtiger Mission unterwegs sei.

Fragt doch mal, ob bei euch in der Nähe nicht auch ein Krötenzaun betreut wird. Dort wird immer eine helfende Hand benötigt. Seid ihr im Wald unterwegs oder an Landstraßen, schaut mal ab und zu in die Gullys. Vielleicht könnt ihr die eine oder andere Kröte aus ihrer Not befreien.

Viele Grüße,

eure Krötenliesl

 

 

SOS – Hummel in Not

Dass es überall Möglichkeiten gibt, der Natur unter die Arme zu greifen, selbst in den eigenen vier Wänden, zeigt folgendes Beispiel, wie es für die Frühlingszeit typisch ist.

Eine Erdhummelkönigin hatte sich in unsere Wohnung verirrt und drehte sich erschöpft auf dem Fußboden neben den Katzenklos im Kreis. Sie summte und brummte, schleifte ihre Hinterbeine hinter sich her, hatte aber nicht mehr die Kraft sich in die Luft zu erheben. Vermutlich war sie während des letzten Kälteeinbruchs auf der Suche nach einem Nistplatz und Nahrung durch das Fenster in die Wohnung gelangt. Schnelle Hilfe war angesagt, v.a. auch weil Kater Tarzan sie bereits als spannendes Spielzeug für sich entdeckt hatte.

Was also tun mit einer entkräfteten Hummel?

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Ich habe sie unter ein Glas auf eine Postkarte gesetzt und in die Küche getragen. Dort habe ich Zucker in etwas Wasser aufgelöst und ein wenig Zuckerlösung auf die Karte unter das Glas getropft. Es dauerte nicht lange und die Hummel hatte das Angebot entdeckt und angenommen. Mit ihrem langen Rüssel saugte sie die Tropfen staubsaugergleich auf. Dann ruhte sie ein paar Sekunden. Kurz darauf putzte sie bereits ihre Hinterbeine am Fellpopo und fing an den Küchentisch zu erkunden.

Als ich sie auf der Karte sitzend am offenen Fenster platzierte, dauerte es nicht lange, und sie erhob sich wie eine Drohne in die Luft und zischte von dannen in die wieder etwas milderen Temperaturen Lüneburgs hinaus.

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Alles Gute, Hummel, und viel Glück bei der Nahrungssuche!

Weitere Informationen zum Umgang mit erschöpften Hummelköniginnen gibt es hier:

https://niedersachsen.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/hummelschutz/index.html